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Kahlschlag unvermeidbar?
ICE-Ausbau: Es wird ernst

Münchner Wochenanzeiger – Nordwest-Anzeiger Nr. 35, 30.08.2000



ICE-Ausbau: Es wird ernst
Baubeginn Anfang 2001 / Gutachter unterwegs / Anlieger fürchten um ihren Grüngürtel

MÜNCHEN-WEST (U.L.) Der Ausbau der ICE-Trasse München-Ingolstadt rückt näher. Im Januar 2001 soll damit begonnen werden, die Baufläche freizumachen. Dazu gehören auch Rodungen entlang der Gleise. Gutachter sind dieser Tage auf der gesamten Strecke von Obermenzing bis Röhrmoos unterwegs, um sich ein genaues Bild zu verschaffen. Bei zahlreichen Anliegern der Bahn haben die unerwarteten Besucher große Verunsicherung hinterlassen. Es wird befürchtet, daß die Bahn auch auf angrenzenden Privatflächen Bäume fällen will, um eine Baustraße neben den Gleisen anzulegen.

Alfons Lutz von der Bauseweinallee ist einer der Bahnanwohner, der für die Bauzeit von vier Jahren eventuell etwas Grund abtreten muß und um einige seiner Bäume fürchtet. Der Gutachter, der kürzlich unangemeldet erschienen sei, habe etwas Derartiges angedeutet, berichtet der Obermenzinger aufgebracht. Der Bürger fühlt sich von der Bahn überrumpelt: „Bisher hieß es immer, daß das gesamte Bauprojekt auf Bahngrund abgewickelt werden kann. Es war nie die Rede davon, daß Anlieger vorübergehend Grund zur Verfügung stellen müssen, und von Baumfällungen wurde erst recht nichts gesagt.“

Sein Ärger richtet sich nicht gegen den ICE-Ausbau als solchen: „Ich bin nach der Bahn gekommen. Daß Züge fahren, darüber beklage ich mich nicht. Natürlich bin ich nicht begeistert, daß es jetzt viel mehr werden sollen, aber aufhalten kann man es wohl nicht mehr. Deshalb ist ein optimaler Lärmschutz auch so wichtig. Aber was jetzt passiert, so was bringt mich auf die Palme.“

Lutz befürchtet einen „Kahlschlag“ entlang der Bahnlinie. So ziemlich jeder Anlieger hat in den vergangenen Jahrzehnten versucht, einen natürlichen Sicht- und Lärmschutz anzulegen. Herrliche alte Bäume fassen die Gleistrasse ein. „Das macht ja auch einen Teil des Gartenstadtcharakters von Obermenzing aus“, meint der Bürger und erzählt von nistenden Vögeln und Eichhörnchen in dem dichten Baumgürtel. „Wo bleibt da die strenge Münchner Baumschutzverordnung?“, fragt sich Lutz und kündigt Widerstand an: Er will seine Bäume verteidigen.

Der Ausbau der ICE-Trasse stehe von der Gewichtung her über dem Bauschutz. Deshalb würde die Verordnung in diesem Fall nicht greifen, bedauert Winfried Raab von der Bürgerinitiative ICE-Trasse „Bürger für Lärmschutz“. Er ist seit Jahren mit dem Projekt befaßt. Derzeit bildet seine Initiative in Kooperation mit anderen Interessengruppen entlang der Strecke München-Ingolstadt Klägergemeinschaften, denen es um möglichst weitreichende Schallschutzmaßnahmen geht. Daß während der Bauzeit Grundstücksabtretungen nötig werden könnten, ist ihm bekannt. Er hat befürchtet, daß viele Betroffene darauf erst aufmerksam werden, wenn es ernst wird. Allerdings haben die Bürger seines Wissens nach auch nur sehr eingeschränkte Rechtsmöglichkeiten, um gegen die übergangsweise Nutzung vorzugehen.

Sein Rat: „Man muß die Bahn an der Nase fassen. Das ist ein reines Kostenkalkül. Wenn die Bagger um ein Objekt herumfahren oder [die Bauträger] einen schweren Kran einsetzen müssen, um an eine bestimmte Stelle ranzukommen, ist es natürlich teurer, als wenn eine Baustraße direkt hinführt.“ (Winfried Raab steht bei Fragen vor allem zum Thema Lärmschutz gerne zur Verfügung: Tel. 812 29 15. Auch im Internet sind Informationen abrufbar: www.bahnlaerm.de)

Robert Regensburger, Realisierungsmanager des ICE-Projekts bei der Bahn, bietet sich den Bürgern ebenfalls als Gesprächspartner an (Tel. 0911 / 27 83 225). Er legt Wert auf die Feststellung: „Wir bewegen uns nur in ganz genau fixierten Planfeststellungsgrenzen, nicht in Nachbars Grundstück oder sonst irgendwo.“1) Allerdings würden viele Bäume nahe der Grundstücksgrenzen stehen und mit ihren Ästen teils weit in den künftigen Baubereich ragen. Diese Äste müßten natürlich abgeschnitten werden. Nur in einigen Einzelfällen, räumt er ein, könne es so eng werden, daß man währen der Bauzeit tatsächlich auf benachbarten Privatgrund ausweichen müsse. Darüber werde mit den jeweiligen Eigentümern selbstverständlich gesprochen. „Wir sind aber noch gar nicht so weit, jetzt schon in solche Details zu gehen“, ergänzt er und versichert: „Wir wollen ein gutes Verhältnis zu den Anliegern haben.“

Trotzdem: Die Zeit wird langsam knapp. Regensburger will Ende Januar 2001 den Startschuß für die Rodungsarbeiten im Baufeld geben und im Mai 2001 mit den Bauarbeiten beginnen. Wenn es soweit ist, sollen die Bürger zu Baustellenbesuchen eingeladen werden. Die neuen Gleise sollen ab Mai 2004 befahrbar sein. Die Arbeiten an den Bahnübergängen Pasteurstraße, Ludwigsfelder Straße, Krauss-Maffei-Straße und Heerstarße werden nach Angaben des Projektmanagers im Mai/Juni 2001 in Angriff genommen, voraussichtlich an allen vier Übergängen gleichzeitig. Damit die Anlieger während der Bauzeit noch von Stadtteil zu Stadtteil kommen,werden laut Regensburger Umgehungsstraßen parallel zu den alten Übergängen angelegt.


1) Anmerkung der BI München: Dies ist bereits ein Widerspruch, da die »ganz genau fixierten Planfeststellungsgrenzen« in München u.a. Teilflächen von 57 Privatgrundstücken mit Wohnbebauung einschließen.

Weitere Informationen zu diesem Thema – siehe: Grunderwerb privater Flächen
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