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Verwirrspiel mit den Zugdaten

Das Risiko fehlerhafter Prognosen wird auf die Bahnanlieger abgewälzt. Die Emissionsberechnung basiert auf falschen Ausgangsdaten

Die nunmehr ausliegende schalltechnische Begutachtung für die Ausbaustrecke Ingolstadt-München wurde auf völlig neue Zugdaten gestellt. Erstmals wird nunmehr der konkrete Bestand 1998 in die Begutachtung aufgenommen. Die Prognose 2010, die der Gutachter als sachgerecht unterstellt, wird hinsichtlich Zuggattungen, Zuggeschwindigkeiten, Zuglängen und Scheibenbremsenanteilen geändert.

Die sich durch die Veränderung der Zugdaten ergebende Verminderung der Immissionsbelastung um ca. 4 dB (A) kann nicht anerkannt werden.

Ein Blick in die Praxis zeigt, daß die Zugdaten permanent geändert werden und somit die jetzt ausgelegte Prognose 2010 bereits überholt ist. Ein Grund dafür ist die Bekanntgabe im Juli 1999, daß die DB AG den geplanten 4-Gleis-Ausbau zwischen Mering und Olching an der Strecke Augsburg-München nicht mehr realisieren wird. Dadurch ist zu vermuten, daß die Strecke über Ingolstadt endgültig zur »Güterzug-Rutsche« wird, wenn der Schienen-Güterverkehr zunimmt. Das laufende Planfeststellungsverfahren für den o.g. Streckenabschnitt wurde jedoch unter der Rahmenbedingung des durchgehenden 4-Gleis-Ausbaus Augsburg-München eingeleitet und müßte folglich jetzt gestoppt oder grundsätzlich neu durchdacht werden. Güterzüge der Relation München-Nürnberg müssen bei einer Verkehrszunahme verstärkt über Ingolstadt statt über Augsburg geleitet werden, weil zwischen Augsburg und München dauerhaft ein Kapazitätsengpaß bleiben wird.
Bestätigt wird dies durch ein Schreiben vom 17.06.99 von Herrn Peter Münchschwander – ehem. Vorstand Fahrweg DB AG – der die Kürzung auf der Augsburger Strecke u.a. damit begründet, »weil in Zukunft viele Züge die Strecke über Ingolstadt befahren.«
Derzeit läuft ein Verfahren beim Bundeskartellamt gegen den Wettbewerbsnachteil für den privaten Güterzugverkehr. Durch überhöhte Streckenpreise für private Nutzer bzw. besonders günstigen Rabatten für den DB-eigenen Schienenverkehr besteht ein deutliches Ungleichgewicht. Nach Aussagen des DB-Aufsichtsratsmitglieds Herrn Albert Schmidt (MdB) »brummt der Verkehr«, wenn diese widerrechtliche »Monopolstellung« fällt1). Ein weiteres Indiz, das für eine deutliche Zunahme des Güterverkehrs spricht, ist der (inzwischen scheinbar zurückgestellte) Antrag der DB AG auf vollständigen Ausbau der, auf 2/3 der Fläche bestehenden Gleisharfe im Rangierbahnhof München-Nord.
Ohnedies nahm die DB AG den Ausbau der Strecke München-Ingolstadt zu einer echten ICE-Achse nie sonderlich ernst, im vollen Gegensatz zum Abschnitt Ingolstadt-Nürnberg, der bekanntlich für ICE-Züge mit Tempo 300 völlig neu gebaut wird. Es besteht der begründete Verdacht, daß die DB AG insgeheim auch südlich Ingolstadt eine ICE-Neubautrasse plant, und zwar mit Streckenführung über den Flughafen München2). Deshalb begnügt man sich bei der Altstrecke München-Ingolstadt außerhalb des S-Bahn-Bereichs, also nördlich Petershausen, mit einer Modernisierung der bestehenden Bahnlinie bei weitgehender Beibehaltung der alten Trassierung und verzichtet insbesondere auf zusätzliche Gleise für die ICE-Züge.

Der Vorhabensträger geht von einer unrealistischen Lärmprognose aus. Der Gutachter legt in seiner Planung einen Prognosehorizont 2010 zugrunde. Dies ist rechtlich zu beanstanden. Für die Prognose der Verkehrsmenge ist auf den endgültigen Ausbau des Verkehrswegs und dessen voraussehbarer Auslastung abzustellen und zwar für den Zeitpunkt, für den eine vertretbare Prognose möglich ist. Nachdem derzeit keine vernünftige Prognose zu existieren scheint, grundsätzlich aber ein Planungshorizont von 20 bis 30 Jahren vorzusehen ist, tritt die Forderung auf Berechnung nach der Vollauslastung der Strecke unter Berücksichtigung des derzeitigen und künftig zu erwartenden »Standes der Technik« (Signaltechnik, Satellitensteuerung, etc.) umso deutlicher in den Vordergrund. Dieser Sachverhalt ist auch in der »Schall03« festgeschrieben. Da die Kapazität der Strecke bei der Prognose unberücksichtigt blieb, ist auch insoweit die Lärmprognose fehlerhaft. Hinzu kommt, daß die Auslastungskapazität der Strecke für die Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme und den Ausbaustandard bedeutsam ist und daher nicht unberücksichtigt bleiben kann. Die Strecke kann nur dann wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden, wenn sich der derzeitige Mischverkehr mehr zu einem überwiegenden Güter- oder Personenverkehr auseinanderdividiert.
Sofern die Vollauslastung der Strecke auch weiterhin keine Berücksichtigung findet, müssen wie bei Gewebebetrieben schon immer üblich, die, von den Betriebsflächen der DB AG ausgehenden Geräuschemissionen auf ein maximal zulässiges Maß festgelegt werden. Die aktiven Schallschutzmaßnahmen müssen zudem derart dimensioniert werden, daß bei Überschreitung der Prognose ein Nachrüsten gewährleistet ist, ohne daß dann »die Kosten außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck« stehen.


1) vgl. hierzu: Süddeutsche Zeitung vom 03.08.2000 - Bundeskartellamt hilft Privatbahnen.
Tipp: Der Zeitungsartikel befindet sich u.a. im SZ-Archiv. Dort sucht man unter dem Begriff: „Bundeskartellamt“ und Datum: 03.08.2000 .
2) Ein Vorschlag zu diesem Thema wird von der Vieregg-Rößler GmbH gemacht: Eisenbahn-Neubaustrecke Ingolstadt-München mit Anschluß des Flughafens.

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