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Schienenbonus nicht gerechtfertigt

Gleiche Wirkung des Lärms von Schiene und Straße auf den Menschen

Die DB AG beansprucht bei der Berechnung des Lärmpegels einen Abschlag von 5 dB (A) (»Schienenbonus«) »zur Berücksichtigung der geringeren Störwirkung des Schienenverkehrs« im Vergleich zum Straßenverkehr gemäß der 16. BImSchV.
Der Schienenbonus beruht auf zwei Studien von 1978 [5] bzw. 1983 [6], welche die Lästigkeiten des Schienenverkehrslärms und des Straßenverkehrslärms vergleichen.
Beide Studien berücksichtigen keine Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE; die Studie [6] untersucht Orte mit höchstens 258 Zügen pro 24 Stunden.
Die damaligen Ergebnisse können nicht auf heutige Hochgeschwindigkeitsstrecken mit über 400 Zügen pro 24 Stunden übertragen werden.
Beide Studien vergleichen nur die durch Befragung ermittelte subjektiv empfundene Lästigkeit des jeweiligen Lärms.
Die Beeinträchtigungen der Schlaftiefe und der Schlafstruktur bis hin zur Gesundheitsgefährdung durch Einwirkungen auf Herz und Kreislauf können aber durch Befragung nicht festgestellt werden.

Bei zu erwartenden Verkehrsmengen von 1000 Zügen pro Tag im Gleisdreieck München-Pasing ist eine Diskussion über den Schienenbonus sowieso absurd, da praktisch keine Ruhezeiten zwischen den Zugvorbeifahrten mehr existieren.

Ferner darf ein Schienenbonus, also ein Abschlag zur Berücksichtigung einer geringen Lästigkeit der von Schienenverkehrswegen ausgehenden Geräuschimmissionen, gegenüber der Lästigkeit gleichlauter Straßen dann grundsätzlich nicht mehr angewendet werden, wenn ein Geräuschpegelniveau vorliegt, das den Bereich der Lästigkeit längst verlassen hat und sich im Bereich der Gesundheitsbeeinträchtigung bewegt. Gemäß neuesten Erkenntnissen kann Gesundheitsgefährdung dann nicht mehr ausgeschlossen werden, wenn die betroffene Wohnbevölkerung tagsüber Geräuschpegeln von 65 dB (A) und nachts 55 dB (A) auf Dauer ausgesetzt ist. Auch die Anwendung eines Schienenbonus im Zusammenwirken mit Lärmschutzwänden ist zu keinem Zeitpunkt untersucht und deshalb auch keinesfalls nachgewiesen. Bei der vorliegenden Planungsänderung darf deshalb, da die meisten Kriterien gegeben sind, bei denen ein Schienenbonus nicht mehr gilt, der Bonus nicht angewendet werden.

Aus diesen und anderen Gründen wurde die Rechtfertigung des Schienenbonus in der Fachliteratur zunehmend in Frage gestellt. [7], [8]

Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsphysiologie der Universität Dortmund, die physiologische Daten (Körperbewegungen im Schlaf, EEG, EOG, EMG) einbezieht, kommt nach vorläufiger Auswertung der Daten 1998 zu dem Schluß:
»None of the data studied so far revealed a statistically significant difference between road and railway noises.« [9]

Ein Bericht der Steger & Piening GmbH Lärmschutzberatung vom 28.06.1999 setzt sich detailliert mit dem Schienenbonus auseinander und bestreitet seine Anwendbarkeit. [10]

Wir gehen davon aus, daß der Schienenbonus wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb keinen Bestand haben wird.


Quellen:

[5] HOLZMANN, E. Ermittlung der Belästigung durch Verkehrslärm in Abhängigkeit von Verkehrsmitteln und Verkehrsdichte in einem Ballungsgebiet. Verkehrwissenschaftliches Institut an der Universität Stuttgart, 1978, Bericht 13

[6] IF-Studie II: Interdisziplinäre Feldstudie II über die Besonderheiten des Schienenverkehrslärms gegenüber dem Straßenverkehrslärm. Bericht über ein Forschungsvorhaben zum Verkehrslärmschutzgesetz im Auftrag des Bundesministers für Verkehr, Bd. 1 und 2. Forschungsnr. 70081/80. München: Planungsbüro Obermeyer 1983

[7] WINDELBERG, D. Lästigkeit und Schienenbonus.
Zeitschrift für Lärmbekämpfung 42 (1995) 42-49

[8] KNALL, V., Railway noise and vibration: effects and criteria.
Journal of Sound and Vibration 193 (1996) 9-20 S.15

[9] GRIEFAHN, B., DEPPE, C., MEHNERT, P., MOOG, R., MOEHLER, U., SCHUEMER, R., Medical aspects of noise produced by railway and by road traffic
euro.noise 98 München 569-572

[10] STEGER & PIENING GmbH, Bericht 1471/b1/ stg vom 28.06.99, München 1999

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