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Süddeutsche Zeitung vom 21.11.2000, Bayern, Seite L7 / Deutschland Seite 40 / München Seite L7





Untersuchungsausschuss soll Entscheidung für Strecke München – Ingolstadt – Nürnberg prüfen

„Tricksereien und Manipulationen“ um ICE-Trasse
Bund Naturschutz sieht Verantwortung für Mehrkosten in Milliardenhöhe bei der Staatsregierung

Von Christian Schneider

München – Nach der Kostenexplosion für die ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt um voraussichtlich eine Milliarde Mark fordert der Bund Naturschutz (BN) in Bayern jetzt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Landtag. Die Genehmigung dieses von Anfang an umstrittenen Projektes sei von „Tricksereien und Manipulationen“ begleitet gewesen, sagte der BN-Landesbeauftragte Hubert Weiger am Montag vor der Presse in München. Der Verkehrsreferent des BN, Richard Mergner, sprach sogar von einem „Polit-Krimi“.

----Die Verantwortung für „Mehrkosten und Planungsfehler“ liegt nach Überzeugung des BN vor allem bei Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU). Beiden Politikern warf Weiger gestern vor, die Staatsregierung habe die Zahlen für die ICE-Neubaustrecke „gezielt schön gerechnet“, weil sie dieses Projekt unbedingt durchsetzen wollte.

----Weiger kündigte an, seine Organisation werde eine „umfassende Dokumentation“ über die Vorgänge vorlegen, die der Entscheidung für das umstrittene Bahn-Projekt vorausgegangen seien. Der BN verfüge über umfangreiche Akten, die „eine wahre Fundgrube“ seien, bekräftigte BN-Verkehrsexperte Mergner gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

----So befindet sich in den BN-Akten ein Schriftstück mit dem Aktenzeichen AZ A 21/20.70.54-16, in dem der Inhalt einer Besprechung im Bonner Verkehrsministerium vom 27. Juni 1994 festgehalten ist. Dort heißt es unter TOP 7: „Der Freistaat erklärt entsprechend der Rechtslage, dass die DB AG nicht gehindert ist, im Bereich des Köschinger Forstes mit einer offenen Streckenführung in das Planfeststellungsverfahren zu gehen. Das Eisenbahnbundesamt hat dann die Maßgabe ,Tunnellösung’ in die Abwägung einzustellen und kann sie bei entsprechender Begründung gegenüber entgegenstehenden Belangen unterliegen lassen. Der Freistaat Bayern wird im Falle des Verwerfens der Tunnellösung zu akzeptieren haben, dass dann unter anderem Sicherheitsaspekte und die angespannte Finanzsituation ein stärkeres Gewicht zugewiesen bekommen hätten als die Belange des Naturschutzes.“

----Mergner wertet diesen Aktenvermerk als Beleg für die „verklausulierte Zusage“ der Staatsregierung, dass sie bei der ICE-Strecke Nürnberg-Ingolstadt im Bereich des Köschinger Forstes nicht mehr auf dem Bau eines Tunnels besteht. Ursprünglich hatte das bayerische Umweltministerium unter der Leitung des damaligen Umweltministers Peter Gauweiler (CSU) den Bau eines Eisenbahntunnels unter dem Köschinger Forst zur Auflage für die Genehmigung des ICE-Projektes gemacht. Mit dem Tunnel sollte das ausgedehnte Waldgebiet im Norden von Ingolstadt geschützt werden. Geschätzte Baukosten für diesen Tunnel damals: zwischen 300 und 400 Millionen Mark.

----Nach den jüngsten Angaben der DB wird sich die ICE-Strecke von ursprünglich vier auf vermutlich fünf Milliarden Mark verteuern. Unterm Strich wird das Projekt allerdings rund elf Milliarden Mark kosten, weil es privat vorfinanziert werden muss. Dieses Geld fehle jetzt für andere dringende Strecken-Sanierungen der Bahn in Bayern, sagte Weiger.

----Minister Wiesheu versicherte gestern, ein Untersuchungsausschuss wäre ihm „ganz recht“. Sein Ministerium habe sich immer nur auf Zahlen der DB gestützt. Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Ruth Paulig, kündigte an: „Da müssen wir nochmal nachhaken, da steckt noch einiges drin.“ SPD-Fraktionschef Franz Maget forderte gestern einen umgehenden Bericht der Staatsregierung.



Bildunterschrift: Unter Hochdruck wird derzeit am Bau der neuen Trasse für den ICE von München nach Nürnberg gearbeitet. Im Landkreis Dachau müssen beispielsweise neue Brücken gebaut werden, wie die über Glonn bei Petershausen. Wegen Bauarbeiten fallen an den Wochenenden viele Nahverkehrszüge nach München aus.
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