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Presse-Information 09/2004

Bahn-Lärm: Oft lauter als gedacht

Messkampagne an 365 Messorten in ganz Deutschland zeigt: Lärmminderung am Schienennetz reicht oft nicht aus

Eine langjährige Messkampagne des Umweltbundesamtes (UBA), bei der etwa 13.000 Zugvorbeifahrten gemessen wurden, belegt: Häufig ist die Bahn lauter als berechnet. Die Ergebnisse der Messungen, an denen auch Forschungsunternehmen, Landesumweltämter und Landesanstalten beteiligt waren, zeigen: Die Differenzen zwischen Theorie und Wirklichkeit der Geräuschentwicklung von Zügen können bis zu 3 Dezibel dB (A) betragen – das kommt in der Lärmwirkung einer Verdoppelung der Zahl der vorbeifahrenden Züge gleich. Gründe dafür liegen vor allem in den Gleisarten sowie bei den Bremssystemen der Züge. Leidtragende sind Anwohnerinnen und Anwohner an Bahnstrecken. Sie sind höheren Lärmbelästigungen ausgesetzt, weil die Lärmschutzeinrichtungen – zum Beispiel Wälle oder Wände – auf die errechnete Lärmentwicklung ausgelegt sind.

Der Lärm, den Züge verursachen, wird mit vorgeschriebenen Berechnungsverfahren ermittelt. Es gibt jedoch eine Reihe erheblicher Abweichungen zwischen der berechneten und der tatsächlich gemessenen Geräuschentwicklung der vorbeifahrenden Züge.

Bisher galt zum Beispiel: Alle Züge, die auf Holzschwellengleisen fahren, sind um 2 dB(A) leiser als auf Betonschwellengleisen. Für Züge mit Graugussklotzbremsen trifft das aber nicht zu, wie das UBA feststellte. Sie sind hier sogar um 1 bis 2 dB(A) lauter als auf Betonschwellen.
Für Hochgeschwindigkeitsstrecken gibt es die besondere Gleisart „Feste Fahrbahn“. Hier ist ein Zug um rund 3 dB(A) lauter als auf einem Betonschwellengleis. Diese höhere Geräuschentwicklung versucht man durch Montage von Absorbern auf die „Feste Fahrbahn“ vollständig zu kompensieren.
Ohne Absorber sind Güter- und auch Intercityzüge (IC) jedoch nicht 3 dB(A) – wie bisher angenommen - sondern 4 dB(A) lauter. Und: Die Absorber bewirken bei diesen Zugarten lediglich eine Geräuschminderung von 2 dB(A) statt der erwarteten 3 dB(A); damit ergibt sich immer noch eine höhere Lärmentwicklung von etwa 2 dB(A).
Die ist gravierend, denn: Leider zeigt sich, dass beim ICE 1 und ICE 2 die Wirkung von Schallschutzwänden nicht so hoch ausfällt, wie berechnet wird. Die Folge: Trotz Schallschutzwänden sind Anlieger an diesen Strecken unzureichend vor Lärm geschützt.
Gleis-Schleifverfahren bringen sehr unterschiedlichen Erfolg. Das „Oberbauschleifen“ der Gleise, das meist der Betriebssicherheit dient, bringt bei Zügen mit Graugussklotz-gebremsten Wagen mit nur 1,5 dB(A) wenig Geräuschreduzierung. Scheibengebremste Züge erreichen hingegen eine Pegelminderung von 3 bis 4 dB(A). Um die Vorgaben der Berechnungsverfahren hier einzuhalten, müssten im Mittel alle neun Jahre die Gleise geschliffen werden.

Das aufwändigere „akustische Schleifen“ – Bestandteil der Lärmminderungsmaßnahme „Besonders überwachte Gleis“ – reduziert bei scheibengebremsten Zügen die Geräuschentwicklung um 6 bis 7 dB(A). Bei Zügen mit Graugussklotzbremsen aber ergibt sich durch diese Schleiftechnik auch hier nur eine Verbesserung von 1,5 dB(A). Um den Zielwert für das „Besonders überwachte Gleis“ einzuhalten, müsste – über alle Züge gemittelt – alle zwei Jahre „akustisch“ geschliffen werden.

Das UBA empfiehlt daher, dass die Erkenntnisse der Messkampagne in geeigneter Weise schnell umgesetzt werden. Nur so ist sicherzustellen, dass betroffene Anlieger in jedem Fall den erforderlichen Schallschutz bekommen.

Das UBA unterstützt zudem die Forderung nach einem zügigen, europaweiten Ersatz der Graugussklotz-Bremsen. Es setzt sich weiterhin dafür ein, die Lärmbelastung der Anlieger von Eisenbahnstrecken durch regelmäßiges Schleifen der Gleise zu reduzieren.

Die vier Bände sind in der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 58/03 bis 61/03 erschienen, kosten je Band 7,50 Euro und können über Werbung und Vertrieb, Wolframstraße 95-96, 12105 Berlin, Telefon 030/2 11 60 61, Fax: 030/2 18 13 79, e-Mail: berlin@wundv.com, bestellt werden.

Die vier Bände haben folgende Titel: UBA-Text 58/03: „Bestimmung der Einfü-gungsdämpfung einer Schallschutzwand anhand von Messungen in derselben Messebene“; UBA-Text 59/03: „Abschirmung von Schallschutzwänden bei Hochgeschwindigkeitszügen“; UBA-Text 60/03: „Weiterentwicklung der Prognoseverfahren der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), Bericht: Das besonders überwachte Gleis (BüG), nichtabsorbierende und absorbierende Feste Fahrbahnen“; UBA-Text 61/03: „Geräuschemissionen von Eisenbahnen“.

Kurzfassungen sind auf der Internetseite des UBA unter der Adresse veröffentlicht: http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/hauptlaermquellen/schienenlaerm.html.

Berlin, den 02.02.04


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