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Das »besonders überwachte Gleis« erfüllt nicht die erforderlichen Kriterien

Das Ausmaß der Lärmminderung durch Schienenschleifen wird überschätzt. Bahn ignoriert Umweltbundesamt und Bundesverwaltungsgericht

Die Lärmemission eines fahrenden Zuges hängt unter anderem von der Rauhigkeit (Riffelbildung, roughness) des Rades und der Schiene ab. Klotzgebremste Räder (block braked) haben besonders rauhe Laufflächen. Die Deutsche Bahn AG beabsichtigt, die Rauhigkeit der Schienen regelmäßig zu prüfen und gegebenenfalls die Schienen zu schleifen (»Besonders überwachtes Gleis«).

Die DB AG beansprucht bei der Berechnung der Lärmemissionen einen Abschlag von 3 dB (A) für das Besonders überwachte Gleis. Sie beruft sich dabei auf eine Verfügung des Eisenbahnbundesamtes vom 16.03.1998.

Im Gegensatz dazu erklärt das Umweltbundesamt in seiner amtlichen Auskunft vom Dezember 1997 (in der Fassung vom Mai 1998) [1] auf S.11:

»Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß das ... Bewertungskriterium, nämlich die Einhaltung bzw. Unterschreitung des Zielwertes von 50 dB(A) für alle Zugarten, an keinem Meßort erreicht wird.«

Zur Erklärung: Ein Normzug von 100 m Länge mit 100 km/h emittiert auf einem Gleis auf Holzschwellen im Schotterbett 51 dB (A). Für Betonschwellen im Schotterbett sind 2 dB(A) Zuschlag zu geben. Die DB AG möchte 3 dB (A) für Gleispflege abziehen und so den Zielwert von 50 dB(A) für den Normzug auf Betonschwellen im Schotterbett erreichen.
Aus der Auskunft des UBA geht weiter hervor, daß ein Abschlag von 2 dB (A) (»modifizierte Fahrbahnkorrektur«) erreichbar, aber bisher nicht überprüfbar wäre:

»Die Anwendung einer modifizierten Fahrbahnkorrektur für das besonders überwachte Gleis ist nur im Zusammenhang mit einem geeigneten Überwachungsverfahren möglich. Z.Zt liegt noch kein in Fachkreisen abgestimmtes und anerkanntes Verfahren vor.« (a.a.O. S.22)

Dies stimmt überein mit Erfahrungen in den Niederlanden bei der Messung der Rauhigkeit von Rädern und Schienen: »Even where the roughness is measured and allowed for correctly, discrepancies of ± 2-3 dB (A) can be expected to remain. Consequently, effects smaller than this cannot be measured with any reliability.« [2]

Messungen in den Niederlanden ergaben darüberhinaus, daß die Rauhigkeit der durchschnittlichen Schiene wesentlich kleiner ist als die der meisten Räder und daß die Lärmbekämpfung zuerst an den Rädern bzw. Bremsen ansetzen muß:

»The emitted sound only increases with the rail roughness level on extremely rough rails.« [3]
»Block braked wheels were found to show higher roughnesses than the rail at any site. [...] Only after block brakes have been either removed or optimized will the rail require any attention.« [4]

Das Eisenbahnbundesamt und die DB AG setzen sich mit der beabsichtigten Anwendung des BÜG über einschlägige Urteile des Bundesverwaltungsgerichts hinweg.

Wir weisen darauf hin, daß das BVerwG reihenweise Planungen der Deutschen Bahn AG gestoppt hat, weil der Gleispflegebonus in Planfeststellungsbeschlüssen angesetzt wurde (BVerwG, UPR 1997, 295; Beschluss vom 03.09.1999, Az: 11 BR 20.96; Beschluss vom 03.09.1997, Az: 11VR 22.96).

In der bisherigen Praxis hat sich gezeigt, dass die Durchführung des Schienenschleifens, wenn überhaupt, unregelmäßig und damit höchst unbefriedigend für die Anwohner erfolgt. Der, von den Vereinigten Bürgerinitiativen vorgebrachte Verdacht hat sich damit bestätigt! (siehe Chronik zur Dokumentation „Das Besonders überwachte Gleis (BüG) in der Praxis“ der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e.V.).


Quellen:

[1] Umweltbundesamt, Amtliche Auskunft zum Gleispflegeabschlag für das besonders überwachte Gleis und zur akustischen Gleichwertigkeit der absorbierenden Festen Fahrbahn mit dem Betonschwellengleis.
Umweltbundesamt, Dezember, 1997 (i.d. Fassung vom Mai 1998)

[2] D. J. THOMPSON, On the relationship between wheel and rail surface roughness and rolling noise
Journal of Sound and Vibration (1996) 193(1), 149-160, S.160

[3] P. C. DINGS, M.G.DITTRICH, Roughness on Dutch railway wheels and rails
Journal of Sound and Vibration (1996) 193(1), 103-112, S.108

[4] P. C. DINGS, M. G. DITTRICH, a.a.O. S.103

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