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Falsche Interpretation des Bundesimmissionsschutzgesetzes

Eisenbahnbundesamt und Deutsche Bahn AG engen Schutzzweck unzulässig ein

Die Rechtmäßigkeit der Abwägungskriterien für die Gestaltung des aktiven und passiven Schallschutzes entlang der geplanten Aus- bzw. Neubaustrecke Ingolstadt-München muß erneut hinterfragt werden. Trägt doch gerade hier nicht nur die Deutschen Bahn AG und die, von ihr beauftragte Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (PBDE) sondern vor allem das Eisenbahnbundesamt (EBA) zu einer wesentlichen Fehlinterpretation des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) bei. Mit größter Besorgnis ist der Sachverhalt zu bewerten, daß sogar das EBA den sog. Schutzzweck, wie er in § 41 Abs. 2 BImSchG definiert ist, mißdeutet. Der Schutzzweck wird dabei, so scheint es, grundsätzlich nur noch auf die Beachtung der Schallimmissionen in Schlafräumen der direkten Bahnanlieger reduziert.

§ 41 Abs. 1 BImSchG verlangt, daß die Immissionsgrenzen der 16. BImSchV grundsätzlich durch aktive Schutzmaßnahmen eingehalten werden müssen. Von dieser grundsätzlichen Verpflichtung zur Einhaltung dieser Grenzwerte kann nur höchst ausnahmsweise abgewichen werden. Nur dann, wenn die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen, können Lärmbetroffene auf passive Schutzmaßnahmen verwiesen werden. Entgegen der Rechtsauffassung des EBA, der DB AG und PBDE ist hierfür nicht allein der Vergleich der Kosten für aktive Lärmschutzmaßnahmen mit denen für passive Lärmschutzmaßnahmen maßgeblich. Hierdurch wird der Begriff des »Schutzzwecks« in § 41 Abs. 2 BImSchG verkannt. Dieser Schutzzweck besteht weder in der Vermeidung von Entschädigungen für Schallschutzmaßnahmen an baulichen Anlagen gemäß § 42 Abs. 2 BImSchG, noch besteht der Schutzzweck des BImSchG allein in der Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen der benachbarten Grundstücke. Der Schutzzweck in § 41 Abs. 2 BImSchG ist vielmehr der in § 1 BImSchG genannte Zweck dieses Gesetzes, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kuktur und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
Bezogen auf den Schallschutz an Eisenbahnstrecken bedeutet dies, daß der Schutzzweck des BImSchG nicht nur den Schutz von Menschen in Gebäuden umfaßt, sondern eben auch den Schutz von anderen Kreaturen, den Schutz von Umwelt insgesamt, den Schutz von Außenwohnbereichen und Gartenflächen, den Schutz auch einer weiteren Umgebung, bei der die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht überschritten sein mögen, vor Beschallung ganz allgemein. Der Schutzzweck des BImSchG ist insoweit ein umfassender. Zu den Kosten, die denen der Schallschutzmaßnahmen gegenüberstehen, sind also alle Kosten zu zählen, auch diejenigen, die sich allgemein aus der Verlärmung großer Flächen ergeben, die Kosten für die Wertminderung lärmbetroffener Grundstücke allgemein sowie die Kosten für Entschädigungen des Außenwohnbereiches.
Zur Erfüllung eines Schutzzweckes müssen die gesamten Kosten im Umfeld der Planung kapitalisiert werden – eine reine Vergleichsbetrachtung zwischen ausschließlich passivem Schallschutz und seinen Kosten und den Kosten aktiven Schallschutzes ist rechtlich unzulässig.
Im Ansatz richtig unterstellt dies auch die Verkehrslärmrichtlinie 1997 (VLärmSchR 97). Hier ist in Ziffer 12 dargestellt, daß unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlautes man von einer Unverhältnismäßigkeit des Kosten-Nutzen-Verhältnisses ausgehen kann, wenn die Kosten des Lärmschutzes den Verkehrswert der schutzbedürftigen baulichen Anlagen überschreitet.
Demgegenüber ist es nicht Schutzzweck des BImSchG, die lärmbetroffene Bevölkerung an Eisenbahnstrecken durch Einsperren in mehr oder weniger schalldichte Gehäuse vor Geräuschimmissionen zu schützen. Wäre es ausschließlich Ziel des § 41 Abs. 2 BImSchG, den Gesundheitsschutz des Menschen im Gebäude zu gewährleisten, so würde eine Vergleichsbetrachtung zwischen den Kosten aktiven Schallschutzes und den Kosten passiven Schallschutzes immer zugunsten des passiven Schallschutzes ausfallen.


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